Unternehmerisches Handeln

Projektstart: Oktober 2008

(Stand September 2008)

Der Begriff des Unternehmers ist aus den "manischen 90er Jahren" des letzten Jahrhunderts überkommen. Mit der Entdeckung des Wissens als der Quelle neuer Art setzte sich die vorstellung durch, dass vor allen in den Wissensindustrien ein neues Betätigungsfeld für unternehmerisches Handeln gäbe. Nach dem Idol Bill Gates folgend, war man auf der Suche nach Garagenunternehmern der Zukunft.

Dieses erhitzte Bild einer Neuerfindung des Kapitalismus nach seinem Siege ist von einer Stimmung der Ernüchterung angesichts der offensichtilichen Disparitäten in der Gegenwartsgesellschaft abgelöst worden. Der Unternehmer ist im Begriff der Ich-AG sogar zu einem Modell des Überlebens geworden. Von heute aus fragt sich, was von der Idee des unternehmerischen Handelns übrig geblieben ist.

Dieses Projekt zieht die Summe aus einer Reihe empirischer Studien, die über die letzten zehn Jahre im Arbeitsbereich erstellt worden sind. Es handelt sich um Untersuchungen über die generationelle Formung von Gründerunternehmern in Baden-Württemberg, die Analysen des Generationswechsels in der deutschen Elite von der Bonner zur Berliner Republik sowie um eine typologische Rekonstruktion der Führungskonstellation in komplexen Organisationen. Ausgehend von der Entdeckung des Unternehmers als Figur gesellschaftlicher Innovation wird die Logik unternehmerischen Handelns in der Politik und in der Wirtschaft, genauso wie in der Kunst oder in der Wissenschaft in den Blick genommen.

Immer geht es um die Durchsetzung "einer neuen Kombination" (Schumpeter), um das Niederkonkurrieren von Mitbewerbern und Mitspielern, um die Bindung von Gefährten und Partnern und vor allem um die Verausgabung einer Energie, die das Ganze fordert. Der Unternehmer ist ein Grenzverletzer und Normbrecher, der der eingespielte Formen des Aus- und Einschließens außer Kraft setzt. Das bringt ihn in die Nähe zu anderen subversiven Gestalten wie dem Abenteurer, dem Partisanen oder dem Nomaden, aber das Motiv ist, in einer Ordnung, die Ordnung zu nutzen, und nicht in eine andere Ordnung zu steigen, um sich über die etablierte Ordnung zu erheben. Darin folgt das Projekt einer Bemerkung des französischen Philosophen Georges Canguilhem, wonach die Abweichung zwar logisch der Definition der Norm als deren Negation folge, historisch der späteren Abweichung jedoch die Priorität zukommt.

Gegenüber rein strukturellen Interpretationen von Innovationsprozessen wird die besondere Psychologie des Innovators betont. Gegenüber rein psychologischen Sichtweisen, die auf die Unternehmer- oder Führungspersönlichkeit abheben, wird andererseits die immer notwendige interaktive und transitive Konstellation herausgestellt.