Arbeitsgruppe: Krieg und Geschlecht

"War is a boy's game." Militärische Gruppen wie auch bewaffnete Kämpfe sind durch spezifische Vorstellungen von Männlichkeit geprägt und strukturiert. Umgekehrt ist Männlichkeit und folglich das Geschlechterverhältnis von der "Metapher des Kriegs" und soldatischen Werten durchsetzt. Die dabei zum Ausdruck kommenden Ideale soldatischer Männlichkeit sind nur im Zusammenhang mit den korrespondierenden Vorstellungen von Weiblichkeit zu verstehen. Männern wird gemeinhin ein exklusiver Anspruch auf die Ausübung von Gewalt zugesprochen, während Frauen als schwach und verletzlich gelten, angewiesen auf den Schutz des Mannes. Die Wirkungsmacht solcher Auffassungen geht weit über die konkreten Geschlechterkonstellationen hinaus: dem gewaltausübenden Stärkeren – unabhängig ob Mann oder Frau – wird männliche Stärke zugesprochen, während derjenige, der Gewalt erleidet, mit der Subjektposition der Frau identifiziert wird

Fragen wie die nach der Wirkung solch manifester Vorstellungen auf historische und aktuelle Kriegs- und Krisenszenarien sowie nach Kontinuitäten und Veränderungen von Geschlechterrollen und -dynamiken in Vorkriegs-, Kriegs-, Nachkriegs- und Zwischenkriegszeiten führten zur Gründung der Arbeitsgruppe Krieg und Geschlecht. In den 1990er Jahren befasste sich die AG Krieg & Geschlecht mit Frauen als Akteurinnen im NS-System. Die Diskussion erweiterte sich um die Frage nach der Positionierung von Frauen in Krieg und Militär. Eine genderorientierte Sicht auf kriegerische Handlungen hat den Aspekt der sexuellen Gewalt sichtbar werden lassen, die zu einem der Schwerpunktthemen der Arbeitsgruppe avanciert ist.

In der AG Krieg und Geschlecht kommen Wissenschaftlerinnen aus unterschiedlichen Disziplinen regelmäßig zu Werkstattgesprächen zusammen, um zu untersuchen, wie sich Vorstellungen von Geschlecht in kriegerischen Konflikten manifestieren und wie sie sich beschreiben lassen. Ein zentraler Punkt ist die Frage, inwiefern Geschlechterkonstruktionen Gewaltstrukturen und -taten in Kriegs und Nachkriegszeiten befördern oder mäßigen. Geschlechtsspezifische Praktiken im Krieg kommen – so die These – einerseits nicht ohne Vorgaben aus Friedenszeiten aus, andererseits schreiben sie sich in das Erfahrungs- und Handlungspotenzial einer Gesellschaft ein und werden von einer Generation an die nächste weitergegeben.

Darüber hinaus ist die AG Krieg und Geschlecht an der Internationalen Forschungskooperation "Sexual Violence in Armed Conflict" (SVAC) beteiligt. Ausgehend von Vorarbeiten – wie der internationalen Tagung "Women’s Bodies as Battlefields: Sexual Violence against Women in Wartime" (2001) sowie dem Workshop "The Pervasiveness of Sexual Violence in Wartime" (2008) – ist die interdisziplinäre Zusammenarbeit von zum Thema Forschenden entstanden, um empirische Projekte zu unterschiedlichen Fällen sexueller Gewalt in kriegerischen Konflikten vergleichend zu betrachten und der Vielfalt von Motivationslagen, Kampflogiken und Eigendynamiken gerecht zu werden.

Die weitverbreitete Annahme, es handele sich bei sexuellen Gewalttaten in bewaffneten Konflikten um mehr oder weniger unvermeidliche Kollateralschäden oder um (Ausnahme-)Fälle entgrenzter Kriegsgewalt, hat wesentlich dazu beigetragen, diese Gewaltform in großen Teilen der Öffentlichkeit zu marginalisieren.

Neuere empirische Befunde erlauben präzisere Fragen, etwa 1) nach den spezifischen Verhaltensweisen individueller (weiblicher und männlicher) Akteure in kulturell und historisch geprägten Konfliktsituationen, 2) nach der jeweiligen Rolle des Militärs als Institution im Vergleich zu anderen "totalen Institutionen", 3) nach der Thematisierung der Gewaltakte in der Zivilgesellschaft (Medien, Erinnerungspolitiken, Opfer-/Täterzuschreibungen) sowie 4) in der nationalen wie internationalen Rechtsprechung.

Nähere Informationen zu diesem Kooperationsprojekt und seinen aktuellen Diskussionsthemen sind unter SVAC-Website (www.warandgender.net) zu finden.

(Stand Dezember 2012)