Akteure wohlfahrtstaatlichen Handelns
In diesem mit Drittmitteln des Diakonischen Werks Hamburg, der Evangelischen Akademie der Nordkirche, des KDA (Kirchlicher Dienst in der Arbeitwelt) und von verd.i (Bund) geförderten Forschungsvorhaben werden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus Jobcentern in Hamburg als Akteure wohlfahrtsstaatlichen Handelns zu ihrer Perspektive auf die Praxis der Jobcenter befragt. Untersucht werden die (veränderten) Rahmenbedingungen der konkreten Arbeit der Vermittler, aber auch ihr fachliches und sozialpolitisches Selbstverständnis sowie die Arbeitsprozesse mit den Leistungsberechtigten.
Die Jobcenter sind ein Prototyp für die Modernisierung der Dienstleistungserbringung in der öffentlichen Verwaltung. Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – die Vermittler – kommen aus unterschiedlichen berufsfachlichen und institutionellen Traditionen und arbeiten mit einer sehr heterogenen Zielgruppe. Viele Fachkräfte in den Jobcentern sind seit der Einführung des SGB II aufgrund gesetzlicher, politischer und gerichtlicher Vorgaben mit relativ unsicheren Perspektiven belastet.
Das Forschungsprojekt fragt mit welchen Chancen, Belastungen und Konflikten für die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen die veränderten Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen in den Jobcentern verknüpft sind und ob und wie sich diese konkret auf den Arbeitsalltag und die Leistungserbringung gegenüber den Leistungsberechtigten auswirken. Mögliche Veränderungen bzw. Umbrüche im Arbeitsalltag und in der Leistungsgewährung sollen aus der Perspektive der Beschäftigten nachgezeichnet und analysiert werden.
Der Rolle der persönlichen Ansprechpartner kommt in der programmatischen Konzeption der Dienstleistungserbringung im SGB II eine herausgehobene Bedeutung zu. Die Fachkräfte sollen die Grundsätze des Forderns und Förderns repräsentieren. Aus der Perspektive der Leistungsberechtigten besitzen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Jobcenter weite Ermessensspielräume zum Hineinregieren in deren Alltag und ihre Lebensführung.
Das Verhältnis zwischen größeren Ermessensspielräumen und Beschränkung eigener fachlicher Handlungsperspektiven durch gesetzliche, aber auch organisatorische (Ziel-)Vorgaben soll in den Interviews angesprochen werden. Das eigene Rollenverständnis und das professionelle Selbstbild sowie die fachlichen Ziele und deren Umsetzungsmöglichkeiten in der Praxis sind ebenso Teil der Gespräche.
Insgesamt werden 15-20 leitfadengestützte Einzelinterviews mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus Jobcentern unterschiedlicher Hamburger Bezirke geführt. Sie sollten verschiedene berufliche Zugänge in die Arbeit im Jobcenter (Arbeitsagentur, Sozialamt, Telekom oder Bahn oder Asklepios) vorweisen und für unterschiedliche Gruppen von Leistungsberechtigten zuständig sein. Das Projekt findet in Zusammenarbeit mit dem Diakonischen Werk Hamburg statt und endet im Frühjahr 2013 mit einer schriftlichen Dokumentation, Interpretation und Auswertung der Gespräche (Broschüre) und einer öffentlichen Veranstaltung zu den Ergebnissen.
(Stand August 2012)
Publikation
Zwischen Vermessen und Ermessen. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Hamburger Jobcenters als wohlfahrtsstaatliche Akteure. Projektbericht. Diakonisches Werk Hamburg, Hamburger Institut für Sozialforschung (Hg), 2013