Das Altern einer Generation

(Stand März 1996)

Die 68er-Generation hat ihren Platz in der Familiengeschichte der Bundesrepublik gefunden: 1968 hat sich die 1945 begonnene Verwestlichung des Landes vollendet. Nach der Weimarer Generation und der Flakhelfer-Generation hat die 68er-Generation der Republik ihren Stempel aufgedrückt. Nach Kälte und Skepsis ist die Kritik zu einer herrschenden Form der Selbstthematisierung geworden.

Nach einem Vierteljahrhundert wurden die Helden des gesellschaftlichen Aufbruchs einer Befragung unterzogen. Welche Überzeugungen, welche Lebensmodelle, welche Praktiken der Freiheit sind aus jenen Prozessen der Befreiung hervorgegangen?

Im Zentrum der Untersuchung stehen sechs Porträts von Angehörigen der 68er-Generation: Frauen und Männer, die man zu den Stichwortgebern ihrer Generation zählen kann. Ein Verleger und eine Feministin, ein Bewegungsunternehmer und eine Fernsehredakteurin, ein Professor für Gesellschaftstheorie und eine Politikerin liefern den Stoff für das Gesamtbild einer Generation, die zur Erfolgsgeschichte der alten Bundesrepublik gehört. Da stehen sich hierarchische Welterklärer, experimentalische "Übermenschen" und konsensualistische Gruppentypen gegenüber. Als gemeinsamer Generationszusammenhang dieser verschiedenen Existenzformen der Kritik erweist sich die apokalyptische Erfahrung einer Kriegs- und Nachkriegskindheit. Hier ist der Ursprung einer Generationsgestalt zu suchen, die in der politischen Gelegenheitsstruktur der späten 60er Jahre ihren Ausdruck fand.

Das Projekt wurde 1989 begonnen, seit 1993 vom Hamburger Institut für Sozialforschung im Arbeitsbereich "Konstitutionsbedingungen und Entwicklungspotentiale der BRD" (jetzt "Die Gesellschaft der Bundesrepublik") unterstützt und 1995 mit der Veröffentlichung des Buches "Das Altern einer Generation. Die Jahrgänge 1938 bis 1948" (Frankfurt/M., Suhrkamp) abgeschlossen.