Genetik im Kontext
(Stand März 1996)
Ausgangspunkt des Projektes ist die wissenssoziologische Erkenntnis, dass Produktion und Verwendung wissenschaftlichen Wissens nicht nach kontextinvarianten Prinzipien, sondern kontextbezogen bzw. kontextabhängig verlaufen. Wird wissenschaftliches wissen aus dem Laborzusammenhang in andere Praxisbereiche übertragen, liegt die Vermutung nahe, dass bei den dabei stattfindenden (Re-)Interpretations- und Definitionsprozessen andere Zielvorstellungen sowie andere Relevanz- und Bewertungskriterien geltend gemacht werden als im Theorie- und Praxiszusammenhang des Labors. Dieser Prozeß lässt sich am Beispiel der modernen molekularen Genetik untersuchen, die heute wie kaum eine andere wissenschaftliche Forschungsrichtung im Brennpunkt der Auseinandersetzungen um die medizinischen und sozialen Konsequenzen der Anwendung wissenschaftlichen Wissens steht. Die Kontroversen, in denen um Problemdefinitionen, um die Interpretation von Fakten und um ethische Legitimität der technischen Veränderungen des menschlichen Körpers gestritten wird, können auch als Prozesse der interdisziplinären und sozialen Kontextualisierung wissenschaftlicher Erkenntnis beschrieben werden. Das Projekt hat sich zur Aufgabe gemacht, diesen Prozeß und die dabei vorfindbaren Argumentationsstrategien einer systematischen Analyse zu unterziehen.
(abgeschlossen 1996 im Arbeitsbereich „Wissenschaftsentwicklung und gesellschaftliche Praxis“; das Projekt wurde extern fortgeführt)