Eine Frau an seiner Seite
(Stand Oktober 1997)
Die SS wird bis heute als ein Männerbund wahrgenommen. Doch war sie von Heinrich Himmler als Sippengemeinschaft von Männern und Frauen gedacht und geformt. Schon 1929, kurz nach seinem Amtsantritt als Reichsführer-SS, hatte Himmler über die SS-Sippengemeinschaft gesagt, sie solle eine "rassische Oberschicht des germanischen Volkes" als Führungselite eines von den Nazis beherrschten Europas sein. Gemäß einem 1931 erlassenen "Heirats- und Verlobungsbefehl" durften SS-Männer nur Frauen heiraten, die sich einer rassischen und politischen Überprüfung unterzogen. Zwischen 1931 und 1945 schlossen rund 240000 Frauen und SS-Männer die Ehe und wurden Teil der SS-Sippengemeinschaft.
In der nun in Buchform vorliegenden Studie werden beispielhaft Lebensläufe von SS-Ehefrauen untersucht. Geschildert wird der durch die NS- und SS-Ideologie geprägte Familienalltag, die Geltung von SS-Ehefrauen im SS-Sippenorden. SS-Ehefrauen lebten an den Einsatzorten ihrer Männer oder besuchten sie dort - oft wochenlang. Jedes Konzentrationslager hatte eine SS-Siedlung, in der die SS-Familien lebten. In den besetzten Gebieten des Ostens wurden für sie häufig neben den Ghettos Villen beschlagnahmt. Die SS-Ehefrauen waren aktive Komplizinnen und überall dort zu finden, wo Verbrechen begangen wurden. Ihre Loyalität, ihr Zuschauen, ihre Zustimmung, Kenntnis und Billigung der Grausamkeiten, des Raubes und Mordes - ihre Teilhabe an der Macht ihrer Männer machte sie zu Täterinnen. Als Hausfrauen sorgten sie für einen stabilen heimischen Rahmen, in dem die Ehegatten Zuflucht und Kraft für ihre "mörderische Arbeit" fanden. Als Berufskolleginnen waren sie am reibungslosen Ablauf des Systems der Vernichtung in den Konzentrationslagern, der SS-Verwaltungsapparate und Mordanstalten beteiligt. Die untersuchten SS-Ehefrauen hatten kein Unrechtsbewußtsein, weder während der Nazizeit noch danach.
Das Buch Eine Frau an seiner Seite. Ehefrauen in der »SS-Sippengemeinschaft« ist erschienen in der Hamburger Edition.