Die Politikbedürftigkeit des Militärischen

Mit dem veränderten Sicherheitskonzept, dem Auftragswandel der Streitkräfte und den internationalen Einsätzen ist das Verhältnis von Politik und Militär in Bewegung gekommen. Drei Probleme stehen im Zentrum des Projekts, die in systematischer und zeitdiagnostischer Absicht diskutiert werden. Dabei geht es um das Wechselverhältnis zwischen der außen- und sicherheitspolitischen "Pfadabhängigkeit" und der "strategischen Kultur" der Berliner Republik, zum anderen um das Problem der Elitefähigkeit einer Militärführung, die auf das Format einer "Funktionselite" eingeschworen ist. Schließlich geht es um das Problem staatsbürgerlicher Obligationen in der Sicherheits- bzw. Verteidigungspolitik unter den Bedingungen einer "postheroischen" Gesellschaft, die "wars of choice" führt. Hinsichtlich der Akteursebenen wird damit ein Bogen geschlagen von der zentralen politischen Ebene der Strategiebildung und Entscheidung über die militärische Führungsproblematik bis zur Staatsbürgergesellschaft. Die Komplementarität und Kompatibilität dieser drei Bereiche ist – so die Leitthese – problematisch geworden, und es bedarf neuer Anstrengungen einer „Kunst des Verbindens“ (Michael Walzer). In struktureller Hinsicht berühren sich die damit angerissenen Problemlagen mit jenen, die Berthold Vogel über die wohlfahrtsstaatliche Problematik analysiert hat. Was Vogel als Herausforderung an die "Regierungskunst" entfaltet hat und als "Staatsbedürftigkeit der Gesellschaft" bezeichnet, wird hier aufgenommen als Frage nach einigen aktuellen politischen Voraussetzungen und Bedingungen des alten Problems von "Staatskunst und Kriegshandwerk" (Gerhard Ritter).