Carl Schmitt und die Juden
(Stand 1997)
Diese Arbeit untersucht die breite und vielschichtige Auseinandersetzung zwischen dem Staatsrechtslehrer Carl Schmitt und den "Juden". Dies geschieht allerdings nicht auf der Ebene biographischen Fehlverhaltens; nicht der Antisemit Schmitt und seine Verwerflichkeit im Nationalsozialismus interessieren, sondern jene Strukturen seines Oeuvres, die politischer Niedertracht den Schein des Akzidentiellen nehmen. Die Bedeutung der Schmittschen Auseinandersetzung mit dem "Jüdischen" wird im strukturellen Kernbereich seines Denkens analysiert. Schmitts Begriffe werden historisch vor dem Hintergrund einer breiten antisemitischen Tradition verstanden, die antiemanzipatorische sowie säkularisiert antijudaistisch-theologische Motive in sich aufnehmen, durch ihre Kombination verschärfen und sie in die Strukturen einer Staatsrechtslehre einbauen. Schmitts politische Theologie wird als Versuch einer Übertragung und Instrumentalisierung theologischer Begriffe zur Begründung einer fundamentalistischen Staatsrechtslehre verstanden, wobei aus der Theologie nur der Feind übernommen wird. Archetypus des Feindes ist der Jude. Neben Schmitts nationalsozialistischem Engagement wird auch die spätere Umdeutung seines Werks untersucht. Das Jahr 1945 bildet für Schmitt eine Zäsur. Sein Interesse gilt nicht mehr der zeitgeschichtlichen Situation, sondern dem eigenen Überlieferungsgeschick. Der Antisemit und Nationalsozialist wird zum katholischen Diagnostiker. Derart gewandelt, hat er im Rahmen der Schmitt-Renaissance den Klassikerhimmel betreten.
Die Dissertation, welche sich gegen diese Interpretation richtet, wurde vom Hamburger Institut für Sozialforschung endgefördert.