Der entbundene Bürger. Kollektive Affekte in der marktkonformen Demokratie
Politik ist ein entscheidender Ort der Zukunftsproduktion in modernen Gesellschaften. Politischer Protest ist eine Triebfeder der Modernisierung, weil er neue Ideen und utopische Momente in den konventionellen politischen Betrieb einspeist. In Gesellschaften, die kaum noch von großen Kollektiven geprägt sind, treten die etablierten Akteure in den Hintergrund und neue Spieler betreten die Bühne. Doch ohne Klassenbewusstsein, ohne Volksparteien und ohne bestimmende religiöse Kollektive gibt es keine klare Verbindung zwischen kollektiven Affekten und politischen Gruppierungen. Die politische Produktion alternativer Zukunftsentwürfe wird zu einem offenen Feld, in dem mit neuen Akteuren und unerwarteten Allianzen zu rechnen ist. Im politischen Protest lässt sich ein Experimentieren mit kollektiven Affekten in der Gegenwart beobachten. In dem Forschungsprojekt wird der politische Kampf um Zukunft in drei Dimensionen in den Blick genommen. Gefragt wird erstens, welche Ideen und Handlungsmotivationen dem jeweiligen Protest zugrunde liegen. Zum Zweiten soll ermittelt werden, wer eigentlich spricht, welche kollektiven Affekte prägen die auftretenden Milieus. Und drittens wird gefragt, wer zusammengehört, welche Assoziierungswahrscheinlichkeiten sich aus spezifischen Handlungslogiken ergeben. Im Kern geht es also um die Frage, welche alternativen Zukünfte in unserer Gegenwart produziert werden, wer dabei mitredet und wer stumm bleibt.
(Stand März 2014)