Religion, Ideologie und Gewalt – Institutionalisierung des Islamischen Staates?
Im Zentrum des Forschungsprojekts stehen zuvorderst Fragen der Institutionalisierung des sogenannten "Islamischen Staates" (IS oder Daesh), dessen derzeitig angestrebter "Staataufbau" als Staatenmimikry (state mimicry) verstanden wird. Es wird der Versuch unternommen, Erklärungen für den augenscheinlichen Erfolg des IS zu finden und in einem weiteren Schritt die Ursachen, Gründe und Quellen dieses Erfolges zu benennen.
Analytisch gründet sich das Projekt auf eine gewagte Entscheidung: Der Anspruch Daeshs - einen Staat errichten zu wollen, bzw. ein Staat zu sein wird - wenn auch nicht als legitim, so doch - als gegeben hingenommen und die terroristische Organisation in der Untersuchung daher als werdender Staat behandelt. Es soll der Versuch unternommen werden, das theoretisch und empirisch undurchsichtige Konstrukt "Daesh/Islamischer Staat" analytisch zu durchdringen.
Betrachtet man das Phänomen "Daesh" als werdenden Staat, lassen sich seine Entscheidungen, Institutionen, und Repräsentationen auf der Basis der modernen Staatstheorie erfassen und auch bewerten. Dies gestattet die konkrete Anwendung eigens für den Nationalstaat entwickelter Analysemethoden und eröffnet die durchaus beunruhigende Möglichkeit, die territoriale Expansion der jihadistisch-salafistischen Gruppierung mit diesem Instrumentarium zu erfassen und zu analysieren:
Für die Untersuchung wird auf das Konzept des "State- und Nation-Building" zurückgegriffen, das ursprünglich entwickelt wurde, um unvollständige Prozesse der Staatenwerdung begreifen zu können. Basierend auf dieser methodischen Grundlage konzentriert sich die Arbeit in dem Projekt auf das Verhältnis dreier, als zentral identifizierter Kategorien, um die sich die Manifestationen des "Islamischen Staates" kristallisieren: Religion, Gewalt und Identität.