Gestalten Arbeitsrichterinnen und Arbeitsrichter die Arbeitswelt?
Das Projekt zielt auf die Ausarbeitung einer empirischen Rechtssoziologie, die von den Akteuren der Rechtsgestaltung und nicht von den Objekten der Rechtssetzung her denkt.
Die Grundlage bildet eine qualitative Fallstudie zu Biographien, professionellem Selbstverständnis und Berufsalltag von Arbeitsrichterinnen und Arbeitsrichtern. Sie wurde zwischen 2007 und 2009 im Rahmen einer bundesweiten Erhebung an Arbeitsgerichten und Landesarbeitsgerichten durchgeführt. 35 Richterinnen und Richter standen in offenen, themenzentrierten Interviews Rede und Antwort. Zudem konnten zahlreiche Gespräche im Umfeld der Arbeitsgerichtsbarkeit mit Experten des Arbeitsrechts geführt werden.
Die Auswertung der Interviews verfolgt zwei Ziele:
Es wird eine Typologie der Haltungen und Handlungsweisen der befragten Arbeitsrichterinnen und Arbeitsrichter erarbeitet. Hierbei werden innerhalb der Richterschaft Rechtsgewährleister, Rechtsgeneralisten, Rechtsanwender und Rechtskritiker unterschieden. Die verschiedenen Richtertypen unterscheiden sich in ihrem professionellen Selbstverständnis, ihrer Nutzung der rechtlichen Gestaltungsspielräume sowie in ihrer Bewertung der Entwicklungen von Arbeitswelt und Arbeitsrecht.
Der zweite Schwerpunkt liegt in der Auswertung und in der Interpretation der Einschätzungen der Arbeitsrichterinnen und Arbeitsrichter bezüglich der Gestaltungskraft des Arbeitsrechts heute. Arbeitsrechtliche Entwicklungen und die Erreichbarkeit von Arbeitsrecht in der Arbeitswelt stehen im Vordergrund. So wird beispielsweise diskutiert, ob das Arbeitsrecht noch immer als ein Schutzrecht der abhängigen Arbeit angesehen werden kann, oder ob es die ohnehin Starken privilegiert und somit bereits bestehende Ungleichheiten verschärft. Weiterhin wird untersucht, inwieweit die Arbeitsrichterinnen und Arbeitsrichter Moderatoren sozialer Konflikte in der Arbeitswelt sein können.
Das Projekt will einen Beitrag zu einer empirisch begründeten, handlungsorientierten Wohlfahrtsstaatsforschung leisten. Die Richterinnen und Richter werden als Teil arbeitender Staatlichkeit präsentiert.
(Stand August 2012)