Neues Grenzregime in Mittel- und Osteuropa
(Stand März 2002)
Das Forschungsprojekt befaßt sich mit der letzten Dekade der Flüchtlingspolitik – als gesellschaftlichem Strukturelement – an der Grenze zu Oder und Neiße. Es geht damit um eine Grenze, die sich durch das Schengener Abkommen und ihren Status als EU-Außengrenze zu einem permanenten Brennpunkt verwandelte. Im Lauf der empirischen Recherche der vergangenen Jahre hat sich gezeigt, daß die Grenze an Oder und Neiße für Flüchtlinge und Migranten aus den unterschiedlichsten Ländern aber auch für die polnische und die tschechische Bevölkerung nicht die Bedeutung hat, die ihr vom Westen zugeschrieben wird. Die Interviews zeigen, daß die meisten Befragten auf polnischer Seite, entweder eigene oder über Familienangehörige vermittelte, Migrationserfahrungen in der DDR oder in Westeuropa haben. Für sie ist die Grenze nie eine wirksame Abschottung gewesen, noch hat sich die Grenze für die Bevölkerung als sozialgeografische Endgültigkeit verfestigt. Trotz Schengener Abkommen hat sich gegenüber Durchreisenden – zum Teil illegalisierten Flüchtlingen und Migranten – keine flüchtlingsfeindliche Denunziationspraxis durchgesetzt, die mit der auf der deutschen Seite zu vergleichen wäre. Diese Untersuchungsergebnisse führten zu einer Erweiterung des Projekts um Aspekte der Sozial- und Migrationsgeschichte der polnischen westlichen Grenzgebiete. Eine Rezeption der migrationsgeschichtlich arbeitenden polnischen Sozialforschung wurde dazu notwendig.
Das Projekt wurde von Mai 1997 bis April 2001 im Hamburger Institut für Sozialforschung bearbeitet und wird nun extern fortgeführt.