Wem gehört der Euro? Monetäre Souveränität und demokratische Selbstbestimmung in der Währungsunion
Die Europäische Währungsunion steht unter Druck. Globale Herausforderungen wie der Krieg Russlands gegen die Ukraine, die Zollpolitik der Trump-Regierung, aber auch das Vorpreschen Chinas bei der Internationalisierung ihrer Währung oder die Digitalisierung des Geldes haben die geopolitische Rolle von monetären Infrastrukturen in den öffentlichen Fokus gerückt. Die Europäische Zentralbank (EZB) reagierte bereits mit der Vorbereitung eines „digitalen Euros“ und Alternativen für den Ausbau eines genuin europäischen, unabhängigen Zahlungssystems. Die „intensivere Digitalisierung erhöht die Bedeutung der Souveränität im Zahlungsverkehr“*, schreibt die Bundesbank in einem Bericht.
Doch diese Problematisierungen von Zahlungsinfrastrukturen sind nicht die einzigen Bereiche, in denen eine europäische Souveränität über die gemeinsame Währung herausgefordert wird. Die Rückkehr der Inflation erinnert daran, dass die „one-size-fits-all“-Geldwertpolitik der EZB stetig Gewinner und Verlierer produziert. Die fragmentierenden Effekte einer fehlenden Fiskalunion werden durch das ungeklärte Verhältnis „unkonventioneller“ Geldschöpfung und öffentlicher Haushaltslöcher verstärkt; die Staatsfinanzen der Eurozone bewegen sich in anomischer Weise zwischen „monetärer Staatsfinanzierung“ und „Sondervermögen“. Bei all diesen Spannungsfeldern handelt es sich um Konflikte um die Ordnung von Zahlungsbeziehungen, die, so die These des Projektes, gemeinsam konzeptualisiert werden können als Facetten monetärer Souveränität. Was aber bedeuten diese Konflikte für das Selbstverständnis der Eurozone als Gemeinschaft von Demokratien?
In diesem Projekt reflektieren wir das Verhältnis von europäischem Geld und Demokratie zwischen inflationären, fiskalischen und geopolitischen Spannungsherden.
Ausgehend von aktuellen politischen Fragen setzen wir uns kritisch mit den Transformationen verschiedener Elemente monetärer Souveränität in der Eurozone auseinander. Souveränitätsansprüche an die monetäre Ordnung werden dabei demokratietheoretisch verortet, das heißt vor dem Hintergrund des zentralen demokratischen Prinzips betrachtet, wonach Macht und Autorität von der Gesellschaft und ihren Mitgliedern auszugehen haben. Dieser Grundsatz der Selbstregierung wird im Euroraum auf besondere Weise durch Mechanismen sozialer Schließung durchkreuzt, welche mögliche Einflussnahmen auf die Gestaltung der monetären Ordnung beschränken - etwa in Form einer besonders unabhängigen Zentralbank, privat verwalteter und geographisch ausgelagerter Zahlungsnetzwerke oder einer Externalisierung von Budgetentscheidungen an private Märkte und konstitutionelle Schuldengrenzen.
Das Projekt läuft von Herbst 2025 bis Frühjahr 2028 und zielt auf die Publikation einer Monografie.
*Deutsche Bundesbank, Monatsbericht April 2023, S. 69.