Israels Sicherheit als deutsche Staatsräson: Geschichte und Aktualität eines umstrittenen Postulats
Als Angela Merkel 2008 vor der Knesset Israels Sicherheit zu einem Teil der deutschen Staatsräson erklärte, gab es in der deutschen Politik auch kritische Reaktionen. Allerdings wurde das Konzept in den Jahren danach zum politischen Konsens und findet sich beispielsweise im Koalitionsvertrag der Ampelkoalition. Nach dem Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 und den anschließenden Reaktionen Israels, stellen sich gerade auch in Deutschland alte Fragen in neuer Dringlichkeit. Einerseits scheint Israels Sicherheit so bedroht wie selten zuvor, was die Frage aufwirft, was Deutschland tatsächlich zu leisten bereit wäre; andererseits wächst der Druck auf Deutschland, aufgrund der zahlreichen zivilen Opfern und der humanitären Katastrophe in Gaza auf Distanz von Israel zu gehen. Was bedeutet das Konzept der Staatsräson unter diesen Bedingungen moralisch, gesellschaftlich und politisch? Welche Schlüsse sollte die deutsche Politik aus veränderten Umständen ziehen?
Programm (Stand 10.10.2024):
12:30 – 13:00 Uhr
Begrüßung: Wolfgang Knöbl
Inhaltlicher Einstieg: Meron Mendel
13:00 – 15:00 Uhr
Die Entstehungsgeschichte eines Postulats
Rekonstruktion der deutsch-israelischen Beziehungen, insbesondere in den letzten 20 Jahren, verdichtet auf die letzten Jahre, insbesondere auch die Frage, was der 7. Oktober geändert hat.
- Michael Wildt, HU Berlin
- Susanne Wasum-Rainer, ehemalige deutsche Botschafterin in Israel (2018-2022)
- Christoph Schult, Spiegel
- Moderation: Stefanie Schüler-Springorum, ZfA
15:30 – 17:30 Uhr
Befindlichkeiten und Diskussionen in Deutschland
Welche (Neben-)Folgen hat „Staatsräson“ in verschiedenen Bereichen? Wie ist der Zusammenhang mit Debatten über Migration, Staatsbürgerschaft, Antisemitismus, Kunstfreiheit?
- Tamara Or, Deutsch-israelisches Zukunftsforum
- Johannes Ebert, Goethe Institut
- Amelie Deuflhard, Kampnagel Hamburg
- Moderation: Janis Detert, Bildungsstätte Anne Frank
18:30 – 20:00 Uhr
Israelische und palästinensische Perspektiven auf die deutsche Staatsräson
„Jede Bundesregierung und jeder Bundeskanzler vor mir waren der besonderen historischen Verantwortung Deutschlands für die Sicherheit Israels verpflichtet. Diese historische Verantwortung Deutschlands ist Teil der Staatsräson meines Landes. Das heißt, die Sicherheit Israels ist für mich als deutsche Bundeskanzlerin niemals verhandelbar. Und wenn das so ist, dann dürfen das in der Stunde der Bewährung keine leeren Worte bleiben.“ So Angela Merkel 2008 vor der Knesset in Jerusalem.
Diese Staatsräson gehört auch zum Selbstverständnis der aktuellen Regierung und ist Gegenstand zahlreicher Debatten. Sie wird kritisch hinterfragt und abgelehnt oder positiv referiert und als Grundfeiler des deutschen Staates herangezogen. Und das nicht nur in seinem explizit außenpolitischen Verhältnis zu Israel, sondern auch bei innenpolitischen Auseinandersetzungen. Zugleich wurde nie ausbuchstabiert, was „Staatsräson“ genau bedeutet.
Der 7. Oktober 2023 und die seitdem anhaltenden militärischen Reaktionen Israels, aber auch das Geschehen und die Diskussionen in Deutschland dürften die „Stunde der Bewährung“ sein, von der Angela Merkel sprach. Was nun?
Nazih Musharbash und Meron Mendel sprechen über palästinensische und israelische Perspektiven auf die deutsche Staatsräson, über Möglichkeiten und Gefahren dieses Konzepts. Und über die Folgen für den Alltag vieler Menschen sowohl in Deutschland wie auch für die Menschen zwischen Mittelmeer und Jordan.
- Nazih Musharbash, Deutsch-palästinensische Gesellschaft. Nazih Musharbash wurde 1946 in Amman geboren, er war Lehrer und Politiker in Niedersachsen und ist seit 2018 Vorsitzender der deutsch-palästinensischen Gesellschaft.
- Meron Mendel, Bildungsstätte Anne Frank. Meron Mendel wurde 1976 in Ramat Gan geboren, er ist Pädagoge und Publizist, Direktor der Bildungsstätte Anne Frank und Professor an der Frankfurt University of Applied Sciences.
- Moderation: Annabel Wahba, Die Zeit. Annabel Wahba wurde 1972 in München geboren und Textchefin im ZEITmagazin
