Im Nebel des Krieges
Öffentliche Veranstaltungen

»Kriegsverurteilt.« — Verdrängen und Erinnern in der westdeutschen Nachkriegsgesellschaft

Ort am HIS | Beginn: 13.03.2024 19:00 Uhr

Dass die Deutschen die Erinnerung an den von ihnen begonnenen Zweiten Weltkrieg und die damit verbundenen Verbrechen nach 1945 »verdrängt« hatten, war das Standardargument einer seit Mitte der 1960er Jahre Diskursmacht gewinnenden „Vergangenheitsbewältigung“. Als Zeichen dieser Verdrängung ließen sich nicht zuletzt die terminologischen Verschiebungen im Diskurs über die von den Alliierten als Kriegsverbrecher verurteilten NS-Funktionäre und Wehrmachtangehörigen deuten, für deren Begnadigung und Freilassung sich zunächst vor allem Kirchenführer eingesetzt hatten, seit 1949 dann auch die politische Klasse der jungen Bonner Republik. Die Unterschiede zwischen Strafhaft und Kriegsgefangenschaft wurden dabei zunehmend verwischt und im Begriff der »Kriegsverurteilten« gleichsam eingeebnet. Der Vortrag erläutert diesen Prozess und diskutiert die Frage, ob die Verwandlung von NS-Tätern in »Kriegsverurteilte« nicht auch als ein verkapptes Eingeständnis der Realität des Vernichtungskrieges zu lesen ist.

Prof. Dr. Norbert Frei, Seniorprofessor für Neuere und Neueste Geschichte an der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Moderation: Prof. Dr. Wolfgang Knöbl, Direktor des Hamburger Instituts für Sozialforschung

Reihe Im Nebel des Krieges | 40 Jahre HIS